Eine junge Frau mit mittelblonden langen Haaren steht an einem Stacheldrahtzaun und streichelt zwei schwarze Rinder, die hinter dem Zaun auf einer Weide stehen. Die Frau trägt Jeans und Turnschuhe und lächelt.
Clara Hagedorn: "Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich immer wieder auf die Themen Tierethik und Fleischkonsum zurückkomme." Foto: privat

Ernährung und Tierschutz sind ihre Lebensthemen

Clara Hagedorn gehört zum Verein CellAg

Stand: September 2022

Anmerkung: Mittlerweile ist Clara Hagedorn nicht mehr Geschäftsführerin von CellAg

Berlin. Irgendwie war es wohl Schicksal, dass Clara Hagedorn zu einem politischen Menschen geworden ist, der gesellschaftliche Missstände nicht einfach hinnehmen will. Denn sie wurde direkt in einen Ort hineingeboren, an dem Protest und Demos über Jahre zum Alltag gehörten. Die Rede ist vom Hambacher Forst.

 

Erste Demos im Hambacher Forst 

 

Seit den 1970ern hat der Energieversorger RWE dort zwischen Köln und Aachen den Wald für die Erweiterung seines Hambacher Braunkohle-Tagebaus gerodet. Insbesondere ab 2012 stellten sich Aktivisten den Aktivitäten in den Weg: Sie besetzten Bäume, errichteten Baumhäuser und Camps. Es folgte ein jahrelanger Kampf zwischen Widerständlern, Konzern, Politik und Gerichten. Am Ende wurde entschieden, dass zumindest der noch übrig gebliebene Wald stehenbleiben darf. Der Hambacher Forst gilt auch deshalb als Symbol des Widerstands der Anti-Kohlekraft-Bewegung. "Das waren meine ersten Demos. Das hat mich politisch gemacht", erzählt Hagedorn, die 1996 geboren wurde. 

 

Studium in Münster und Nottingham

 

Schon in der Jugendorganisation des BUND hat sie sich dann vor allem mit den Themen Ernährung, Lebensmittelverschwendung und den Auswirkungen des Fleischkonsums beschäftigt. Es folgte ein Studium der Politikwissenschaft in Münster und Nottingham. Ihren Master machte sie schließlich im Fach Global Food Security, sprich globale Ernährungssicherung. "Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich immer wieder auf die Themen Tierethik und Fleischkonsum zurückkomme", berichtet sie. Als sie die ersten Male etwas von Laborfleisch hörte, habe sie die Idee zunächst noch komisch gefunden. Ein Video änderte ihre Meinung aber komplett.

 

Könnte Laborfleisch die Lösung sein?

 

Es stammt von dem Unternehmen Eat Just, das zeigt, wie man aus der Zelle einer Feder Hühnerfleisch herstellen kann, ohne dem Tier zu schaden oder es sogar zu töten. "Ich war davon so geflasht... Mir ist bewusst geworden, dass das eine fantastische Lösung für das Problem der industriellen Tierhaltung sein kann, ohne dass man den ganzen Weg über die Verhaltensänderung der Menschen gehen muss", erklärt sie. Wenn sich diese Technologie durchsetzt, so ihr damaliger Gedanke, dann werden die Menschen irgendwann zurückblicken und ungläubig fragen: "Wie bitte? Wir haben mal Tiere für ihr Fleisch getötet?" 

Eine junge Frau lächelt in die Kamera.
Clara Hagedorn: "Es ist schwer, das eigene Verhalten zu verändern, wenn die gesamte Gesellschaft darauf ausgelegt ist." Foto: privat

Laborfleisch und die Ernährung der Welt

 

Und noch etwas: Ihr sei klar geworden, dass zwischen den Themen Laborfleisch und Ernährungssicherung der Weltbevölkerung ein positiver Zusammenhang bestehe. Schließlich müsse bislang für die Erzeugung jeder tierischen Kalorie ein Vielfaches an pflanzlichen Kalorien aufgewendet werden - angesichts von jährlich Millionen Hungertoten und einer gleichzeitig wachsenden Weltbevölkerung eine riskante Ressourcenverschwendung. 

 

Masterarbeit über kultiviertes Fleisch

 

Die Verbindung dieser Problemfelder lag für Hagedorn so sehr auf der Hand, dass sie auch ihre Masterarbeit dem kultivierten Fleisch gewidmet hat. Und das, obwohl ihr Dozent davon zunächst gar nicht begeistert war. "Er hat den Bereich Fleischkonsum ausgeblendet", sagt sie. "Es ging immer lediglich darum, wie man die Fleischherstellung effizienter machen, den CO2-Ausstoß reduzieren oder  die Nutzung der Ackerflächen optimieren könnte", blickt sie zurück. Doch Hagedorn gab nicht auf und legte 2019 ihre Studie über die Auswirkungen von Clean Meat auf die globale Ernährungssicherheit vor. 

 

Arbeit bei ProVeg

 

Nach ihrem Studium konnte Hagedorn die beiden Schwerpunkte Ernährungssicherung und Tierschutz weiterhin verbinden: und zwar bei ihrem neuen Arbeitgeber ProVeg. ProVeg Deutschland ist eine sogenannte Nichtregierungsorganisation (NGO) und ist aus dem Vegetarierbund Deutschland (VEBU) hervorgegangen. Der Verein setzt sich nach eigener Aussage für einen zukunftsfähigen Ernährungsstil und eine landwirtschaftliche Kultur ein, die vegetarisch beziehungsweise vegan, ökologisch, ethisch und sozial verantwortlich sowie ökonomisch tragfähig ist. 

 

ProVeg klärt über Zusammenhänge auf

 

Hagedorn ist dort seit Anfang 2021 für die deutsche Politikarbeit zuständig. "Ich bereite beispielsweise Positionspapiere zu verschiedenen Themen vor", erklärt sie. Aber auch Artikel für die Webseite und für Magazine stammen von ihr. Dafür müsse sie natürlich immer darüber Bescheid wissen, was gerade politisch diskutiert werde. ProVeg äußert sich beispielsweise zu Themen wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Produkte tierischen Ursprungs, zum Zusammenhang von  Fleischverzehr und Pandemien sowie zum Ukraine-Krieg, dem dortigen Getreideanbau für Futtermittel und die Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit. Hagedorn trifft sich darüber hinaus mit Politikern, führt Gespräche und versucht, die Entscheidungsträger für diese Strukturen und Problemfelder zu sensibilisieren. 

 

Gegen Verbraucher-Blaming 

 

Bei all diesen Schritten ist ihr eine Sache besonders wichtig: "Ich bin gegen Verbraucher-Blaming", betont sie. Das heißt, es bringe nichts, die Menschen für den Konsum tierischer Lebensmittel anzuprangern, zu blamen, also zu beschuldigen. Sie findet: "Es ist schwer, das eigene Verhalten zu verändern, wenn die gesamte Gesellschaft darauf ausgelegt ist." Mit kultiviertem Fleisch könne man Dispute zwischen den Menschen verhindern, und die Probleme würden dennoch gelöst. 

 

Seit August 2022 ist Clara Hagedorn General Manager des Vereis CellAg. Sie teilt sich die Stelle mit Florentine Zieglowski.

Clara Hagedorn

CellAg Deutschland e.V. (gemeinnützig)

Rosenthaler Straße 13

10119 Berlin

Kontakt: info@cell-ag.de

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